Schlechte Laune

Schlechte Laune ist eine Zivilisationskrankheit. Ohne sie zu kultivieren verschwände sie schnell von selbst. Wenn man schlechte Laune nicht nur hat, sondern auch fortsetzt über ihr natürlich abflauendes hormonelles Potential hinaus, wirkt man zweifach auf andere: furchteinflößend und lächerlich.

Furchteinflößend, weil es niemand diesem fleischgewordenen Koloss schlechter Laune recht machen kann. Pflegt man seine Laune, behält er sie, denn eigentlich möchte er sie verlieren. Konterkariert man sie, setzt er sie fort, denn schließlich ist es seine Laune, deren Besitz verteidigt werden muss.

Lächerlich wirkt er auf Zuschauer, die unabhängig von seinen Launen sind. Sie haben die Distanz der Verwandlung. Darin liegt auch die Lösung: mit schlechter Laune stelle man sich vor den Spiegel. Der Spiegel distanziert uns von uns selbst; sobald wir begreifen, was wir sehen, empfinden wir uns als lächerlich. Und wir begreifen noch etwas: schlechte Laune ist nichts, was uns zugefügt wurde - wir haben sie selbst gemacht. (Juli 2013)